Mein Geburtstag 2014

Mein Geburtstag 2014
Mein Geburtstag 2014
3. Oktober - Nationalfeiertag


Ja, wenn es Weihnachten wäre, oder Ostern, oder einer der vielen völlig unbekannten kirchlichen Feiertage, da wüsste ich sehr schnell was zu sagen.
Aber “Nationalfeiertag”?Ich weiß  nicht, ob ich schon jemals gefragt worden bin, an einem solchen Tag ein paar passende Worte zu finden,  kaum. Und Vorsicht, ich mag  ihn auch nicht religiös verbrämen.
Immerhin es ist ein Feiertag, ein Festtag, ein Tag zum ausspannen, zum entspannen.Ein Tag der Besinnung auch.  
Wer mich kennt, der weiß, dass dies eins meiner Lieblingsworte ist. Besinnung, zur Besinnung kommen, mit Sinn versehen, sich besinnen, zur Besinnung bringen, nach Sinn fragen. 

Ja, was also ist der Sinn dieses Feiertages, dieses Nationalfeiertages.
Das ist ja nicht irgend eine philosophische Frage, es ist eine Frage, nach dem, was wir erlebt haben, jeder  in seinem ganz unverwechselbaren Leben, die Frage, wo wir jetzt stehen und worauf es hinaus läuft. 

Nationalfeiertag also.Und da stocke ich schon. Wir hatten in Meiningen in diesem, nein ich muss das anders formulieren, über uns war ein “Thüringentag der nationalen Jugend”  hereingebrochen. Für die Veranstalter war der Tag ein Misserfolg. Ich sage die nicht aus Schadenfreude, Ich sage es aus Angst vor  jenem Geist “Ein Volk, ein Reich, ein Führer”, oder “Führer befiehl wir folgen”, der von solchen Tagen ausgeht. Dieser Geist lässt  mir das Blut in den Adern stocken.. So kann das mit dem Nationalgefühl nicht gemeint sein. Wir Deutschen haben es schwer mit unserem Nationalgefühl. Das mag daran liegen, das wir erst sehr spät in den Kreis der Nationalstaaten aufgenommen wurden.  Polen, Frankreich,   Österreich-Ungarn hatten schon längst ihre staatliche Einheit gefunden, erst dann sind wir Deutschen auf den Plan  getreten. Dies  aber mit gewaltiger Überheblichkeit. “Am deutschen Wesen mag die Welt genesen” dichtete Emanuel Geipel 1861. Und unsere Väter und Großväter sagen  “Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt”.Diese Überheblichkeit ist uns nicht gut bekommen. Auch deshalb unsere Schwierigkeiten mit dem Nationalgefühl.
Wir singen ein anderes Lied, nein einen andern Vers dieses Liedes:“Einigkeit und Recht und Freiheit.” Wir singen es als unsere Nationalhymne. Es ist so zu sagen das gesungene Grundgesetz.

Einigkeit.  Einigkeit ist etwas anderes als Einheit. Eine Einheitspartei, oder einen Einheitsstaat brauen wir nicht, nicht schon wieder. Einigkeit beschreibt das, was uns zusammen halten soll und kann. 

Vieles in unserem Land strebt auseinander. Die Einheit zwischen Ost und West ist noch nicht hergestellt. Ich muss nur an die Rente erinnern. Aber auch Nord Süd driftet auseinander. Stichwort. Länderfinanzausgleich. Unglaublich ist, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander strebt. Diesem  Auseinanderstreben entgegen zu wirken, darin sollten wir uns einig sein, deshalb Einigeit.

Einigkeit und Recht: Vor 14 Tagen etwa ist die Karawane, eine kleine Gruppe von Asylbewerbern von Würzburg nach Berlin unterwegs, durch Meiningen gezogen. Sie wollten damit auf ihre Situation aufmerksam machen. Ich halte es schon für bemerkenswert, das Polizei und Bürger gemeinsam, dafür gesorgt haben, dass sie unbeschadet ihren Weg ziehen können. Das macht den Rechtsstaat aus, dass er die Rechte seiner Bürger achtet, auch die der Gäste. Über Einzelfragen dürfen wir nicht nur, wir müssen reden, streiten auch. Die Grundlage aber dafür ist der Rechtsstaat und dies ist ein großer Wert.

Einigkeit und Recht und Freiheit.
Täuschen wir uns nicht: Die Bürger der so genannten alten Bundesrepublik haben lange gebraucht zu begreifen, was Freiheit bedeutet. 1985 musste Richard von Weizecker, der damalige Bundespräsident, daran erinnern, dass der 8.Mai 1945 ein Tag der Befreiung war.
Wir im Osten haben mit einer Revolution nachgezogen. Meist wird dafür  der Begriff  “Wende”, den Egon Grenz geprägt hat, gebraucht. Ich sehe das gar nicht ein. Wir haben, was in Deutschland noch nie vorher gelungen war, eine Regierung mit Schimpft und Schande davon gejagt. Das aber ist ein Revolution. Und, nicht unwesentlich, es geschah ohne das ein Bürger an Laib und Leben zu Schaden gekommen wäre. 

Wer hat uns eigentlich eingeredet, dass nach der Revolution das Paradies ausbricht?
Dass Volk Israel hat die Knechtschaft in Ägypten abgeschüttelt. 3000 Jahre ist das her, aber es ist ein Paradigma. Nach dieser Befreiung folgten 40 Jahre Wanderung durch die Wüste. 40 Jahre, das ist eine Ewigkeit. Und es gab nicht wenige, die murrten laut. “Es war ja so schön in Ägypten , so kuschelig, die Mieten waren so niedrig, und die billigen reisen mit dem FDGB, ach den gab es noch nicht. Sie hatten vergessen, dass Ägypten  das Haus der Knechtschaft, der Sklaverei war, aus dem sie entflohen. Wir haben vergessen, dass aus der Diktatur des Proletariats ganz schnell eine Diktatur über das Proletariat wurde.
Nein, wir sind angelangt, um mit Brecht zu sprechen, in der Mühe der Ebene. 

Einigkeit und Recht und Freiheit sind nicht Zauberworte.  Sie sind ein Auftrag, unser Auftrag.So wünsche ich uns, dass dieser Nationalfeiertag auch ein Tag der Besinnung werde und uns zum Segen gereichen möge, der Stadt und dem Rest der Welt.